Allgemein | 21. August 2016
Wayde van Niekerk hatte gerade über 400 Meter den 17 Jahre alten Fabel-Weltrekord des Amerikaners Michael Johnson pulverisiert. In seiner größten Triumphstunde bei den Olympischen Spielen von Rio blieb der Südafrikaner am Sonntag jedoch ganz bescheiden: „Ich würde Ihnen ja gerne eine beeindruckende Geschichte erzählen, aber heute Abend kann ich nur eines sagen: Gott ist groß.“ Der 24-Jährige aus Kapstadt schilderte seinen Weltrekordlauf mit 43:03 Sekunden wie folgt: Er sei auf der Außenbahn blind gelaufen, aber er habe sich trotz der fehlenden Orientierung zu den eigentlichen Favoriten in der Bahnmitte nicht gesorgt: „Ich habe alles in Gottes Hände gelegt.“
Die Süddeutsche Zeitung bezeichnet van Niekerk, den „strebsamen, gläubigen und schnellen“ Goldmedaillengewinner, als Gegenentwurf zu Usain Bolt, dem schnellsten Mann der Welt. Im Gegensatz zu van Niekerk muss der jamaikanische Sprinter immer im Mittelpunkt des Interesses stehen. Seine Auftritte über 100 Meter sind inszenierte Shows, die Gegner nur Statisten. Bolts körperliche Überlegenheit drückt er beim Zielfoto gerne durch einen Seitenblick in die Kamera aus. Dagegen ist der bescheidende Südafrikaner van Niekerk eine wohltuende Abwechslung. „Jesus, I‘m all yours, use me“ hat er sich auf seine Rennschuhe schreiben lassen: „Jesus, ich bin ganz dein, gebrauche mich.“
Am ersten Wochenende der Leichtathletik in Rio standen christliche Weltrekordler mehrfach im Mittelpunkt. Auch die Äthiopierin Almaz Ayana hatte über 10.000 Meter den 23 Jahre alten Weltrekord der Chinesin Junxia Wang um gleich 14 Sekunden unterboten. Auf die Dopingvorwürfe der misstrauischen Presse angesprochen, erwiderte sie nur: „Mein Doping ist hartes Training und Jesus, sonst nichts.“ Unter den Goldmedaillengewinnern in Rio sind Glaubensbekenntnisse keine Seltenheit. Der Deutsche Lauritz Schoof sagte beispielsweise nach dem Sieg des Doppel-Vierers im Rudern: „Wir können Gott danken, dass wir das schaffen konnten.“
Gott ist nicht interessiert an Goldmedaillen
Teilweise erscheinen auf diese Weise sogar außergewöhnliche Leistungen gegen deutsche Sportlieblinge noch nachvollziehbarer. Als Angelique Kerber im Finale des olympischen Tennisturniers auf die Puerto-Ricanerin Monica Puig traf, war eigentlich klar, wem die deutschen Fans ihre Daumen drückten. Puig lieferte aber in drei Sätzen eine solch überzeugende Leistung ab, dass die Goldmedaille für Puerto Rico nicht wehtat. In der Kabine vor dem Spiel betete die deutliche Außenseiterin gegen die Deutsche auf Knien. Sie verlangte nicht nach „magischen Kräften“, sondern schlicht nach dem „großen Talent, das Gott ihr mitgegeben hat“.
Die Rückenschwimmerin Madeline Dirado aus den Vereinten Staaten von Amerika sieht aber nicht im Siegen ihre göttliche Bestimmung. Sie hatte in Rio zwei Goldmedaillen, einmal Silber und einmal Bronze gewonnen. Schon vor Olympia sagte sie der Nachrichtenseite Christianity Today, dass Rio ihre ersten und letzten Spiele seien. Anschließend werde sie in ihren Job bei einer Beratungsfirma wechseln: „Ich denke, dass Gott sich für mein Schwimmen nicht wirklich interessiert.“ Im olympischen Team dabei zu sein, sei nicht ihre Bestimmung. „Gerade das Wissen, dass ich ein Kind Gottes bin und seine Liebe nicht von Dingen abhängt, die ich selbst erreichen kann, hat mir viel Selbstvertrauen gegeben“, sagte Dirado. Sie denkt, dass Gott viel eher daran interessiert sei, dass sie seine Liebe und Gnade in die Welt bringe.
Bei Nationen, die noch kein Medaille gewonnen haben, kann der Glaube auch Trost spenden. Im Olympischen Haus der Österreicher trat Pfarrer Johannes-Paul Chavanne auf. Wie die Schweizer Tageszeitung Blick berichtet, brachte der geistliche Betreuer des österreichischen Teams viele kleine gesegnete Kreuze im Koffer nach Rio mit. Als ihn der österreichischen Reporter um ein Stoßgebet für die noch erfolglosen Athleten bat, sagte er: „Ich bete jede Tag zu Gott. Und es wäre gut, wenn die Athleten dem lieben Gott auch mal danken würden.“ (pro)